(...)
(...), den 29.10.06
AmtsgerichtMutter ./. Vater
die Aufhebung der einstweiligen Anordnung auf vorläufige Sorge und die Erteilung der gemeinsamen Sorge für das Kind (...), geb. 11.05.00,oder im Zweifelfalle,
die Vorlage nach Art. 100 I GG mit der Fragestellung, ob bei offensichtlicher Eignung beider Elternteile zur Erziehung ihrer Kinder eine dennoch erfolgte Sorgerechtsregelung im einstweiligen Anordnungsverfahren oder die Erteilung der alleinigen Sorge nicht gegen
Art. 17, Art. 23, IV und Art. 24 des IPBPR,
Art. 8 und 8 II der EMRK
in Verb. mit Art. 2, I und Art. 3, I GG,
gegen Art. 6, II GG
in Verb. mit Art. 18 der UN-Kinderrechtekonvention
sowie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt.
In der ersten Sitzung des Familiengerichtes zu dieser Scheidung am 25.04.05
wurde der Antrag des Vaters auf EA auf eine großzügige
Umgangsregelung für das Kind (...), geb. am 11.05.00 abgelehnt. Durch
Beschluß wurde die vorläufige elterliche Sorge der Mutter
übertragen. Es stellt sich dabei die Frage, ob bei gleicher
Erziehungseignung ein Elternteil durch das Veto des Anderen von der Sorge
automatisch ausgeschlossen werden darf. Es bestehen verfassungsrechtliche
Bedenken einen Elternteil grundsätzlich bei Ablehnung der gemeinsamen
Sorge durch den anderen Elternteil (in diesem Falle der Mutter), von der Sorge
auszuschließen. Die gemeinsame elterliche Sorge ist ein Reflexrecht des
Kindes auf Erziehung durch beide Eltern (Art. 6 II GG). Die Optimierung der
Belange und Entwicklung des Kindes werden dadurch gewährleistet (Hinz im
Münchener Kommentar, Band 8, 1992). Hätte die Mutter ein Vetorecht,
würden ihre Interessen über die des Kindes gestellt, das aber
wäre mit Sicherheit eine Verletzung von Art. 8 in Verb. mit Art. 8 II der
Europäischen Menschenrechtskovention (EMRK).
Die Beachtung supranationalen Rechtes betont auch der Präsident des
Familiengerichtstages Familienrichter Siegfried Willutzki. Auch der Köl-
ner Staatsrechtslehrer Prof. Dr. Klaus Stern, der als Ehrengast der
Bundesregierung den Deutschen Juristentag 1992 in Hannover eröffnet hat,
äußert sich eindeutig in seinem Lehrbuch der Staatsrechtslehre Band III/1
auf Seite 482:
"Für Völkervertragsrecht wird gemeinhin angenommen, daß es gegenüber dem nationalem Recht den Charakter einer lex specialis hat. "
Ich verweise auch ganz allgemein auf das an späteter Stelle zitierte Bamberger OLG Urteil vom 26.01.88 Az 7 UF 135/87. De lege ferenda hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, daß er die gemeinsame Sorge zum Regelfall machen will. Einschränkungen sind danach nur nach Paragraph 1666 BGB vorgesehen. Das hat eine eindeutige Abstimmung mit einfacher Mehrheit auf dem Juristentag bestätigt. Es ist deshalb auch nicht einzusehen, wenn nach Art. 23 IV des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte die gemeinsame Sorge Regelfall sein müßte, nun noch auf eine übereinstimmende Änderung der Familiengesetze zu warten. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Mauerschützenurteil die innerstaatliche Anwendbarkeit des IPBPR mehrmals deutlich hervorgehoben. Vorbehalte wurden von Seiten des Gesetzgebers nicht gemacht, und Einschränkungen auf bestimmte Rechtsgebiete sind auch nicht vorgesehen. Demnach ist auf gemeinsame Sorge als Regelfall zu entscheiden (Siehe auch bei den weiteren rechtlichen Begründungen).
Der Deutsche Juristentag hat sich in seiner letzten Veranstaltung mit der anstehenden Reform des Familiengerichtes befaßt. An den Gesetzgeber richtete er die Empfehlung, daß das gemeinsame Sorgerecht als Regelfall normiert und nicht mehr als absoluter Ausnahmefall Anwendung finden sollte. Der Wortlaut dazu ist wie folgt:
Bei Trennung und Scheidung der Eltern sollte es bei dem gemeinsamen Sorgerecht der Eltern bleiben, sofern nicht ein Elternteil ein Sorgerechtsverfahren beantragt oder die Voraussetzungen des Paragraph 1666 BGB vorliegen (angenommen: 46:30:2). In Betrifft JUSTIZ Nr. 32 Dez.92, Seite 362-364, Autor: Prof. Dr. jur. Ludwig Salgo. Weiteres in der BT-Drucksache 12/4024 vom 17.12.92. Danach ist es auch nicht einzusehen, heute etwas zu verwehren, was de lege ferenda schon morgen der Regelfall sein soll (und wie es das Groß-Gerau Urteil zeigt, nach geltendem Recht auch jetzt schon möglich ist).
Dem liegen psychologische, als auch rein menschliche, schließlich auch juristische Aspekte zu Grunde.
Interessant war auch zu erfahren, daß es Amtsgerichte gibt, die Eltern beraten und zu einem Konsens führen. Das sind die Gerichte in Kerpen (bei Köln) Richter Merzbach = 30 % Gemeinsames Sorgerecht, Amtsgericht Groß Gerau = 40 % Gemeinsames Sorgerecht durch Richter Spangenberg und zuguterletzt das Amtsgericht Regensburg Richterin H.Lossen (Keine genauen Zahlen bekannt).
Ganz deutlich im OLG-Urteil von Bamberg v. 26.01.1988 - 7 UF 135/87 (DAVorm 1988, S. 448-450 und Fam RZ 1988, S. 572). Hier ist u.a. folgendes nachzulesen:
3. Dennoch rechtfertigt die Ablehnung der gemeinsamen elterlichen Sorge (hier in diesen Falle) der Mutter noch nicht die Zurückweisung der Beschwerde. Da in Sorgerechtsverfahren der Richter das in Art. 6 GG verankerte Wächteramt des Staates zum Wohle der Kinder ausübt, da Paragraph 12 FGG Tätigkeit von Amts wegen gebietet und da das BVerfGE in ständiger Rechtsprechung fordert, die bestmöglichen Bedingungen für das gedeihliche Heranwachsen scheidungsbetroffener Kinder zu schaffen (etwa: E57, 631, 383), darf sich der Familienrichter nicht damit begnügen, den Sachverhalt eines Sorgerechtsverfahrens lediglich zur Kenntnis zu nehmen und danach zu entscheiden. Vielmehr hat er zum Wohle des Kindes tätig zu werden, soviel Streitpotential wie möglich abzubauen und zu versuchen, unter Ausschöpfung seiner Möglichkeiten die Voraussetzung für die denkbar beste Regelung, die gemeinsame Sorge, zu schaffen.
Der wohl bekannteste Rechtskommentator Prof. Manfred Hinz rügt dazu auch in seinem neuen Münchener Kommentar Band 8, 1992, 3.Auflage auf Seite 1646 zum KJHG 17 die Haltung der entscheidenden Dienste:
4 c) Rechtsberatung.........Dazu gehört insbesondere. die Aufklärung über die Möglichkeit der Belassung gemeinsamer Sorge nach der Scheidung, deren geringe Inanspruchnahme daran liegt, daß Sie nach Voraussetzungen und Inhalt kaum bekannt oder umstritten ist und auf Grund der Strukturen von beratenden und entscheidenden Dienste eher verhindert als gefördert wird.
Zur Begründung der gemeinsamen Sorge möchte ich auf weitere Ausführungen von Prof. Manfred Hinz hinweisen (Münchener Kommentar Band 8, 1992), auf den Paragrapf 1671 BGB unter den Randzahlen 63, 64, 65 und 66 auf den Seiten 714-715 (Fotokopien in der Anlage).
Zum Schluß möchte ich ein Urteil zitieren, das die gemeinsame Sorge
als Regelfall sieht.
Es ist das Urteil des Familiengerichtes in Groß-Gerau, das auf den
gemeinsamen Elternvorschlag verzichtet, Az 71 F 267/92 vom 25.11.92
(Anlage). Es handelt sich keineswegs um die unpopuläre Meinung eines
unerfahrenen Richters (Richter Spangenberg erzielte in den letzten 10
Jahren über 40% gemeinsames Sorgerecht an seinem Gericht -
überwiegend durch eine qualifizierte Elternberatung ). Siehe auch NJW 1981,
Heft 23, Seite 1279-1280.
Weitere Urteile zum gemeinsamen Sorgerecht als Regelfall:
AG-Berlin-Charlottenburg v. 22.12.1982, Az 144 F 13.420/80 in FamRZ 1983,
S. 420 f.; Siehe auch Münchener Kommentar, Bd.8, S.714, Rz64 (Hinz).
AG-Stuttgart v. 10.10.1990, Gesch. Nr.23 F 952/89.
Interessant zu wissen ist auch, daß für Herrn Richter Spangenberg nicht der Elternwille, sondern der Kinderwille und die voneinander unabhängige Elternbereitschaft zur gemeinsamen Elternverantwortung ausschlaggebend waren, die gemeinsame Sorge als Regelfall zu sehen und zu gewähren. Er zitiert dabei den Art. 18 der UN-Kinderrechtekonvention, auf den ich noch in der weiteren rechtlichen Begründung eingehe.
Hinz bemerkt im neuen Münchener BGB-Kommentar (Band 8, 1992) zu recht,
daß die "gemeinsame Sorge" verfassungsrechtlichen Vorrang
genießt. Die Interessen der Kinder sind vorrangig zu behandeln,
heißt es im Nichtdiskriminierungspakt, Art.16, I, d. Die Rechte des
Kindes aus dem IPBPR Art.24 und auch aus der UN-Kinderrechtekonvention Art.9
und 18, haben einen unmißverständlichen Vorrang vor dem Vetorecht
eines Elternteils. Demnach darf auch lediglich die Erziehungseignung beider
Elternteile eine ausschlaggebende Rolle bei der Erteilung der gemeinsamen Sorge
spielen (Da es sich ja um ein Reflexrecht des Kindes auf Anspruch der Betreuung
durch beide Elternteile handelt).
Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß dem Elternteil die Sorge zu
übertragen ist, der für ein gemeinsames Sorgerecht stimmt (bei
fehlendem gemeinsamen Elternvorschlag). Es ist anzunehmen, daß er die
Elternebene von der Paarebene besser trennen kann als der Partner, der die
gemeinsame Sorge grundlos ablehnt. Eine Ablehnung ist in der Regel auch ein
Zeichen dafür, daß ein Ehepartner die Beziehung noch nicht richtig
verarbeitet hat und seine negative Einstellung auf das Kind durchschlagen kann,
wenn dieses dauerhaft bei ihm leben würde. Somit wird auch einem
Machtmißbrauch vorgebeugt und das Kind nicht der Belastung negativer
Projektionen ausgesetzt. Dabei ist zu erwarten, daß dieser Elternteil den
Bedürfnissen des Kindes eher gerecht und die Besuchsregelungen optimal
gestalten wird. Eine Konfliktverminderung ist die Folge. Der Staat ist in
seiner Funktion als Wächter verpflichtet Regelungen zuzustimmen, die
ausschließlich dem Kind dienen (frei von Ideologien uns sonstigen
Erwägungen).
Es fragt sich, ob der angegriffene Beschluß mit den Art.17, Art.23 IV und Art.24 des internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte vom 09.Dez.1966, Abkürzung: IPBürgR oder IPBPR (Bundesgesetzblatt 1973 II S.1534 ff.) vereinbar ist.
Die Vertragsstaaten werden durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, daß die Ehegatten gleiche Rechte und gleiche Pflichten bei der Eheschließung, während der Ehe und bei Auflösung der Ehe haben. Für den nötigen Schutz der Kinder im Falle der Auflösung der Ehe ist Sorge zu tragen.
"Für den notwendigen Schutz der Kinder im Falle der Auflösung der Ehe ist Sorge zu tragen". Das Dieser Schutz nicht auf eine Zerschlagung der Elternverantwortlichkeit zielen darf, sondern im Gegenteil das Kind vor den unnötigen Verlust eines Elternteils bewahren soll, ist auch ... von einem deutschen Gericht ausgesprochen worden; Bahnbrechend in der Tat das OLG-Bamberg Urteil vom 09.02.1988, Az.7 UF 135/87 in Amtsvormund 1988, Seite 448 und FamRZ 1988 , 572.
Quellen: "Deutsches Bundesrecht". IPBPR-Kommentar von Dr.jur.Rainer
Hofmann. Hofmann schreibt, daß der IPBPR unmittelbares Recht ist, auf das
sich jeder Betroffene berufen kann. Auch Prof. K.Rebmann schreibt im
Vorwort des Münchener Kommentar zum BGB in Band 5, S.26, daß die
Völkerrechtsverträge geltendes Recht sind, auf das sich jeder berufen
kann. Es verhindert entgegenstehendes neues Bundesrecht.
Weitere Erläuterungen zum Pakt für bürgerliche und politische
Rechte befinden sich in den "General Comments" des
Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen.
Publikationen von Koeppel/ Reeken "Die für das deutsche Familienrecht
bedeutsamen 'General Comments' des Menschenrechtsausschusses der Vereinten
Nationen" in der ZfJ 5/92, Seite 250-257 und H.J.Bartsch in der NJW 1989,
S.3063 und NJW 1991, Seite 1393. Rummel Carsten:"Entmündigung oder
Förderung von elterlicher Autonomie", Deutsches Jugendinstitut e.V.,
8000 München 90, DJI-Arbeitspapier Nr. 5-048, Seite 15, Sept.1992.
-"CCPR-Kommentar", Uni-Doz. r.jur. Manfred Novak, Wien, Engel-Verlag,
Kehl. Im Mauerschützenurteil des BGH Berlin, 5 StR 370/92 vom 3.Nov.1992,
NJW, Heft 2, auf Seite 145: "Die internationalen Menschenrechtspakte bieten
Anhaltspunkte dafür, wann der Staat nach der Überzeugung der
weltweiten Rechtsgemeinschaft Menschenrechte verletzt. Hierbei ist der
Internationale Pakt für bürgerliche und politische Rechte vom
19.Dez.1966 (BGBl. II 1973 S.1534 -IPbürgR-) von besonderer
Bedeutung."
Die Stellung des IPBPR macht eine Veröffentlichung der Vereinigung der
deutschen Staatsrechtslehrer deutlich; Titel der Arbeit: "Die
Verwirklichung der Menschenrechte im Pakt der Vereinten Nationen über
bürgerliche und politische Rechte vom 16.Dez.1966, im Grundvertrag und den
ihn begleitenden Nebeninstrumenten" von Dr.jur.Wolfgang Wagner im
Peter-Lang-Verlag, D-6000 Frankfurt/Bern 1977. Hier heißt es auf S.25:
"Der Pakt nimmt somit als allgemeine Regel des Völkerrechts eine
Zwischenstufe ein: Er geht den einfachen Gesetzen vor, muß sich aber
seinerseits der Verfassung beugen". So auch (ohne Begründung):
BVerfGE vom 29.05.1974, abgedruckt in NJW 1974, S.1697.
Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18.Dez.1979, Bundesgesetzblatt 1985 II, Seite 648.
Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen,
a) um einen Wandel in den sozialen und kulturellen Verhaltensmustern von
Mann und Frau zu bewirken, um so zur Beseitigung von Vorurteilen sowie von
herkömmlichen und sonstigen auf der Vorstellung von der Unterlegenheit
oder Überlegenheit des einen oder anderen Geschlechts oder der stereotypen
Rollenverteilung von Mann und Frau beruhenden Praktiken zu gelangen;
1) Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau in Ehe und Familienfragen und gewährleisten auf der Grundlage der Gleichberechtigung von Mann und Frau insbesondere folgende Rechte:
d) gleiche Rechte und Pflichten als Eltern, ungeachtet ihres Familienstands, in allen ihre Kinder betreffenden Fragen, in jedem Fall sind die Interessen der Kinder vorrangig zu berücksichtigen;
Ein Informationsdefizit in der juristischen Ausbildung (so gaben es auf dem kleinen Familiengerichtstag 92 in Arnoldshain Familien- und Vormundschaftsrichter zu) hat auch bewirkt, daß die Bedeutung von supranationalem Recht verkannt wird. Danach ist die Erteilung der gemeinsamen Sorge schon seit langer Zeit möglich.
Die Beachtung von UN-Konventionen in anderen europäischen Ländern hat die gemeinsame Sorge im Falle der Scheidung dort zum Regelfall werden lassen (Dänemark 60%, Finnland 70%, Schweden, Niederlande, Frankreich u.s.w.). Diese durchaus progressive Entwicklung in unseren Nachbarländern hat dazu geführt, daß Deutschland als familienrechtliches Schlußlicht der internationalen Entwicklung bezeichnet wird. (Prof. I.Schwenzer, Die Rechtsstellung des nichtehelichen Kindes, FamRZ 2/92, Seite 121). Es ist grotesk, daß unsere Politiker die Menschenrechte in der 3.Welt und den Krisenländern predigen und hier im Lande die Familien- und Vormundschaftsrichter (scheinbar!?) nichts davon wissen (wollen!?).
Ausgerechnet im Mauerschützenurteil (BGH 5 StR 370/92 vom 3.Nov.92) wird auf die Bedeutung des Zustimmungsgesetzes Art. 59 II GG hingewiesen. Hier wird auf Seite 24 auf ein Statement des Bonner Völkerrechtlers Prof. Tomuschat mit folgenden Wortlaut hingewiesen: "... abzuleiten ist, daß schon die Ratifikation den Menschen in den Vertragsstaaten eine Rechtsposition gegenüber ihrem Staat verschafft hat". Desweiteren findet man auf Seite 24 dieses Urteils eine klare Rangbestimmung völkerrechtlicher Verträge gegenüber dem innerstaatlichen Recht, wo es heißt:
"Ein Staat kann sich nicht durch eine Berufung auf seine innerstaatliche Rechtsordnung der Erfüllung von ihm eingegangener Verpflichtungen entziehen"!
(Das entspricht dem Wortlaut des Art. 27 der Wiener Vertragsrechtskonvention, Bundesgesetzblatt II v. 26.1.87, Seite 757).
Da dieser Art. 27 keine rückwirkende Gesetzeskraft hat, kann er zeitlich
gesehen aber auf die UN-Kinderrechtekonvention (vom 27.Nov. 1989,
Bundesgesetzblatt 1992 II, Seite 122) angewendet werden.
Jeder Richter kann daraus anwendbare Normen entnehmen, daß zeigt das
bereits zitierte familienrechtliche Urteil von Groß-Gerau vom 25.11.92.
Auf Seite 3 des Urteil nimmt der Richter Bezug auf Art. 18 der Konvention,
der das gemeinsame Sorgerecht als Regelfall vorschreibt.
(3) Die Vertragsstaaten achten das Recht des Kindes, das von einem oder beiden Elternteilen getrennt ist, regelmäßige persönliche Beziehungen und unmittelbare Kontakte zu beiden Elternteilen zu pflegen ... Artikel 9
(1) Die Vertragsstaaten bemühen sich nach besten Kräften, die Anerkennung des Grundsatzes sicherzustellen, daß beide Eltern gemeinsam für die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind ... Artikel 18
Vorbehalte gegen diese Konvention haben danach keinen Bestand, denn die Wiener Vertragsrechtskonvention (Bundesgesetzblatt II vom 26.11.87, Seite 757) die hier geltendes Recht ist, verbietet solche Vorbehalte:
Ein Staat kann bei der Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme oder Genehmigung eines Vertrages oder beim Betritt einen Vorbehalt anbringen, sofern nicht Anbringen von Vorbehalten
a) der Vertrag den Vorbehalt verbietet;
b) der Vertrag vorsieht, daß nur bestimmte Vorbehalte gemacht werden dürfen, zu denen der betreffende Vorbehalt nicht gehört, oder
c) in den unter Buchstabe a) oder b) nicht bezeichneten Fällen der Vorbehalt mit Ziel und Zweck des Vertrages unvereinbar ist. Hier ohne Einschränkung als oberstes Prinzip des Völkervertragsrechts für Anwendung und Durchführung von Verträgen aufgestellt. Treu und Glauben bestimmen ihre Erfüllung.
Unzulässige Vorbehalte verbietet auch die UN-Kinderrechtekonvention selbst. Die Bundesregierung hat gegen diesen Artikel 51 (Der UN-Kinderrechtekonvention) keine Vorbehalte gemacht und anerkennt damit, daß die gemachten Vorbehalte gar nicht zulässig sind (Die Bundesregierung ist auch durch die hier seit dem 26.11.87 als innerstaatliches Recht geltende Wiener Vertragsrechtskonvention verpflichtet, solche Vorbehalte nicht zu machen, die mit dem Ziel und Zweck einer Konvention nicht vereinbar sind. Siehe BGBl. 1987, II, Seite 757).
In Art. 51 der Konvention Absatz 2 steht folgendes:(2) Vorbehalte, die mit Ziel und Zweck diese Übereinkommens unvereinbar sind, sind nicht zulässig. Art. 51
In einer vertraulichen Abhandlung der wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages wird auf Seite 16 folgendes festgestellt:
"... so kann diesen Interpretationsvorbehalten doch nicht die Wirkung zugemessen werden, daß die Vertragsstaaten von der Pflicht des Art. 18 Abs. 1 der UN-Kinderrechtekonvention entbunden sind, "sich nach besten Kräften zu bemühen", die Anerkennung des Grundsatzes sicherzustellen, daß beide Elternteile gemeinsam für die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind. Gemäß Art. 51 Abs. 2 des Übereinkommens sind Vorbehalte, die mit dem Ziel und Zweck des Übereinkommens unvereinbar sind, unzulässig. Der Grundsatz gleicher Elternverantwortung gehört sicher zu dem Begriffsinhalt "Ziel und Zweck" des Übereinkommens."
Quelle: Reg.Nr.: WF IX-79/91 + 117/90, Titel "Zur Vereinbarkeit von Regelungen des geltenden innerstaatlichen Rechtes der B.R.D. mit dem Übereinkommen vom 20.Nov.1989 über die Rechte des Kindes", Autoren: Ministerialrat Hillner, Ministerialrat Dr.Dr. Franzen, Oberregierungsrat Dehe.
Wichtig ist zu wissen, daß das innerstaatliche Recht völkerrechtskonform (dazu zählen auch Völkervertragsgesetze) ausgelegt werden muß (Siehe auch bei Dr.jur. J. Polakiewiecz im Max-Planck-Institut-Heidelberg: "Die innerstaatliche Durchsetzung der Urteile des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte", ZaöRV, 1992, H. 52/1).
"Bei der Auslegung des Grundgesetzes sind auch Inhalt und Entwicklungsstand der Europäischen Menschenrechtskonvention in Betracht zu ziehen ... Deshalb dient auch insoweit die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes. Auch Gesetze ... sind in Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auszulegen und anzuwenden, selbst wenn sie zeitlich später erlassen worden sind als ein geltender völkerrechtlicher Vertrag; denn es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber, sofern er dies nicht klar bekundet hat, von völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland abweichen oder die Verletzung solcher Verpflichtungen ermöglichen will."
BVerfGE vom 23.06.1981 ( 2 BvR 1107, 1124/77 und 19579) BVerfGE 58, 1:"Im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit hat das Bundesverfassungsgericht im besonderem Maße darauf zu achten, daß Verletzungen des Völkerrechts, die in der fehlerhaften Anwendung oder Nichtbeachtung völkerrechtlicher Normen durch deutsche Gerichte liegen und eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Bundesrepublik begründen könnten, nach Möglichkeit verhindert oder beseitigt werden."
BVerfGE 63, S.434 vom 22.03.83 ( 2 BVR 475/78 ):"Da ein Vertragsstaat völkerrechtlich mit dem Abschluß eines Vertrages gebunden ist, haben seine Organe, etwa seine Gerichte, den Vertrag spätestens von diesem (-völkerrechtlichen-) Zeitpunkt an zu beachten."
BGH 20.10.76 (3 StR 298/76) BGHSt 27, 30:"Nach Art. 25 GG gehen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts als Bestandteil des Bundesrechts den Gesetzen vor. Daraus folgt, daß innerstaatliches Recht gegenüber den allgemeinen Regeln des Völkerrechts im Kollisionsfall zurücktritt. Pacta sunt servanda = Verträge müssen erfüllt werden, ist eine allgemeine Regel des Völkerrechts (BVerfGE 31, Nr. 15 vom 09.06.1971, Seite 178), die Anwendungsvorrang vor innerstaatlichem Recht hat. Auch in BVerfGe 52, 406 v. 14.11.79 ist zu entnehmen, daß Verträge gemäß der WVK Art. 26 nach Treu und Glauben zu erfüllen sind."
OLG Frankfurt 21.10.1980 (5 W 24/80) RIW/AWD 1980, 874:"Das Verbot, völkerrechtswidrige Urteile anzuerkennen, ist eine allgemeine Regel des Völkerrechts, die über Art. 25 Abs. 1 GG in das deutsche Recht transformiert ist (In "Fontes Juris Gentium", 1982, Seite 5)."
Der Begriff des "Familienlebens" ist grundsätzlich weiter
gefaßt als in Art. 6 GG, ist ein eigenständiger Konventionsbegriff,
also nicht nach den nationalen Rechten zu bestimmen (Vergl. Brötel
"Der Anspruch auf Achtung des Familienlebens", Diss. Heidelberg 1991,
Nomos-Verlag, S.2). Der Familienbegriff ist vorrangig genetisch (Brötel.
a.a.O. mit Nachw.). Zum Eingriffstatbestand des Art. 8 II EMRK führt
Brötel aus:
"Die neueren Straßburger Entscheidungen legen zudem ersichtlich
besonderen Augenmerk darauf, den Begriff der 'Notwendigkeit' immer stärker
durch rechtstaatliche Elemente anzureichern. Kernaussage ... ist, daß
dem Eingriff ein "dringendes soziales Bedürfnis" zugrundeliegen
und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein
müssen (Brötel. op. cit. S.6).
Ziel der Sorgerechtsentscheidung war früher die klare und sichere Zuordnung des Kindes zum "besseren Elternteil, d.h. seiner Hauptperson". In seiner Entscheidung kam das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis, daß konzeptionell an die Stelle von "Verteilung" und "Auseinandersetzung" primär eine Fortführung der elterlichen Verantwortung, eine Reorganisation der fortbestehenden Familie anzustreben sei (Coester FamRZ 1992, 617, 618).
Genau dies ist auch die Zielrichtung der Entscheidung (BVerfGE 61, 358, 372, 373). Das BVerfGE hat ja mehrmals bereits in der Vergangenheit in entscheidender und kritischer Weise zum Familienrecht Stellung genommen. Dieser Rechtsbereich ist insgesamt in Bewegung, weil die vergangenen Konzepte sich als untauglich erwiesen, und zu verhältnismäßig großen Schäden, auch Spätschäden, bei den Kindern führten, die noch dazu mit ein wenig mehr Verständnis, allerdings auch mit einer anderen Art des Herangehens an die Problematik zwar nicht völlig vermeidbar aber minimierbar sind.
Anlagen: